Wildvögel richtig füttern
Wintergäste – Vögel füttern, aber richtig
Fallen die Temperaturen, werden sie zu wahren Überlebenskünstlern. Selbst strenge Fröste und wenig Tageslicht wissen die Vögel im Garten zu überstehen. Immer wieder ist es erstaunlich, wie diese oft nur um die 15 Gramm leichten Piepmätze Regen und Wind trotzen, während wir eilends ins Haus flüchten. Ihr Gefieder schlägt jede Funktionskleidung. Ihre schuppenförmig übereinander greifenden Federn wirken wie zahllose Luftkammern, die Temperaturen bis zu 40°C halten.
Aufgeplustert hocken die Federbälle in Bäumen und Sträuchern. Einige Arten, darunter der Zaunkönig, bilden Schlafgemeinschaften. Meisen und Stare ziehen sich gern in Nistkästen zurück, um dort die frostigen Zeiten zu überstehen. Doch alle Überlebensstrategien funktionieren nur, wenn eine der elementarsten Voraussetzungen gegeben ist: ausreichend Nahrung.
Für einen vogelfreundlichen Garten
Mit dem Anlegen fruchttragender Hecken tust du deinen gefiederten Gartenfreunden ganzjährig etwas Gutes. Kirschlorbeer, Glanzmispel oder Eibe bieten im Frühjahr und Sommer geschützte Nistmöglichkeiten, ab Herbst mit ihren Beeren einen idealen Wintervorrat und als Immergrüne auch Schutz vor Schnee und Kälte. Mit bienenfreundlichen Blühpflanzen und Sträuchern lockst du Insekten in dein Eldorado und hilfst gleichzeitig vielen Gartenvögeln bei der Aufzucht ihrer Jungen.
Und dennoch: Vögel füttern ist überlebenswichtig. Denn wo einst Myriaden von Insekten umherschwirrten, sind heute immer weniger zu sehen. Nahezu überall verschwinden wertvolle Bienenweiden. So sind selbst in einem vogelfreundlich angelegten Garten immer mehr Arten auf unsere Hilfe angewiesen.
Die gute Nachricht: mit nur wenigen Mitteln kannst du in deinem grünen Reich einen schönen und sicheren Futterplatz gestalten. Vögel füttern macht fast überall Sinn, neben dem eigenen Haus- und Vor- oder Schrebergarten auch auf Terrasse und Balkon. Ideal ist die unmittelbare Nachbarschaft zu Bäumen und Sträuchern oder Heckenpflanzen. Denn je natürlicher der Lebensraum ist, der die Futterstelle umgibt, umso mehr Arten finden sich ein.
Die Futterstelle jedoch allzu dicht vor Wintergärten oder Terrassenfenster zu platzieren, ist keine gute Idee, auch wenn du sie so besonders schön beobachten kannst. Allzu oft erkennen die Tiere die Glasscheibe nicht, laufen Gefahr, dagegen zu fliegen und sich lebensgefährlich zu verletzen.
Der frühe Vogel
Ab September solltest du mit der Winterfütterung beginnen. Viele der Jungvögel haben spätestens jetzt das elterliche Heim verlassen, sind auf Nahrungssuche und halten Ausschau nach geeigneten Lebensräumen. Durch die Altvögel lernen sie die Futterplätze kennen, in deren Nähe sie sich später oft selbst ansiedeln.
Ist der Futterplatz eingerichtet, heißt es: kontinuierlich füttern. Also nicht plötzlich einfach dicht machen und deine Stammgäste hungrig vor die Tür setzen. Gerade Kleinvögel wie Rotkehlchen, Meise oder Goldhähnchen können in Winternächten trotz guter Isolation bis zu 20% ihres Körpergewichts verlieren. Umso wichtiger ist es da, dass gehaltvolles Vogelfutter am gewohnten Platz ausreichend zur Verfügung steht. So bekommen sie die Chance, Fettdepots anzulegen und damit gut gerüstet der nächsten Kältewelle entgegenzusehen.
Mit energiereichem Futter tust du nicht nur den Daheimgebliebenen, den Standvögeln wie Zaunkönig, Gimpel oder Erlenzeisig etwas Gutes, auch den Zugvögeln, darunter Zilpzalp und Singdrossel, gibst du so reichlich Energie mit auf die Reise. Viele halten dir die Treue. Sie „merken“ sich die Futterplätze und finden sich im kommenden Frühling zur Familiengründung dort wieder ein. Ist dann weiterhin Futter da, ist auch der Start in die Brutsaison gesichert, sollte es nochmal zu Kälteeinbrüchen kommen.
Die Mischung macht’s
Als guter Gastgeber ist es wichtig, vorab zu wissen: wer mag was, denn dein gefiederter Gartenbesucher ist kein Resteverwerter. Übriggebliebene Backwaren, Wurst- und Käsereste, aber auch Kartoffeln, Pommes, Nudeln oder gesalzene Fette schlagen den kleinen Kerlen gehörig auf den Magen. Zusatzstoffe wie Salz, Gewürze, künstliche Farb- und Konservierungsstoffe sind ebenso tabu.
Unter deinen Gästen gibt es überzeugte Vegetarier. Zu den Körnerfressern gehören Gimpel, Haus- und Feldsperling sowie Buch- und Bergfink, der übrigens nur im Winter zu uns kommt. Aber auch Insektenfresser, die sogenannten. Weichfutterfresser wie Kohl- und Blaumeise, Amsel und Star werden im Winter zu Gemischtköstlern. Das heißt: Sie stellen teils auf pflanzliche Kost wie Sämereien und Beeren um, so dass dein Vogelfutter auch bei ihnen auf großes Interesse stößt. Nach Insekten gehen sie meist selbst auf Suche. Laub und Rückschnitt von Ziergehölzen in einer stillen Gartenecke einfach mal liegenlassen. Den Igel freut’s und auch die Amsel pickt gern mal darin herum, immer auf der Suche nach Käfern und Würmern.
Beim Vogelfüttern kann die Tafel gern abwechslungsreich gedeckt sein. Im Futterhaus oder Vogelfuttersilo kannst du Streufutter anbieten, meist bestehend aus reinen Sonnenblumenkernen oder gemischt mit weiteren Sämereien, Nüssen oder Erdnüssen und getrockneten Beeren. Rosinen und Apfelstücke kommen bei Grünspecht und Amsel gut an. Hirsekolben, möglichst vor Nässe geschützt aufgehängt, sind bei den Spatzen beliebt, die wie üblich, im Trupp anrücken. Ein paar Sonnenblumen vor immergrünen Heckenpflanzen ausgesät, bringt tolle Farbkontraste in den Garten und allzu gern pulen die quirligen Vögel die noch unreifen Samen aus den Blütenköpfen.
Neben Sonnenblumenkernen ist Fett eines der wichtigsten Bestandteile im Vogelfutter. Keine Frage, Meisenknödel sind die Klassiker, am besten im Gittersilo oder in Federspiralen. Allen voran die Blaumeisen und sogar Kleiber und Zeisig hängen am Futtersilo gern mal ab, auffallend gern kopfüber – die Vorlieben sind halt verschieden. Selbstredend finden auch Ringe und Fettglocken große Zustimmung. Übrigens: Erdnusskuchen auf der Basis von Erdnussmehl und Erdnussbutter sind der letzte Schrei. Aber nicht jeder ist der geborene Kletterkünstler. Wie der Grünspecht hält auch die Amsel lieber auf dem Boden nach Nahrung Ausschau. Gegenüber mit Fett angereicherten Haferflocken ist sie nicht abgeneigt.
Gute Tischmanieren und ungebetene Gäste
Mit dem Futter spielt man nicht. Das gilt auch für kleine Gartenvögel. Denn fütterst du zu viel, heißt das nicht zwangsläufig, dass du auch mehr Gäste empfängst. Im Gegenteil, bei Futter-Überangebot besteht eher die Gefahr, dass sich Parasiten einnisten. Nicht verzehrtes Futter landet oft auf dem Boden, bleibt liegen und lockt im schlechtesten Fall noch ungebetene Gäste an.
Besser ist: gut beobachten, die kulinarischen Vorlieben deiner Vögel im Garten kennenlernen und das Angebot auf die Nachfrage abstimmen. Gelegentliches Gerangel um die vermeintlich besten Happen ist normal, und noch lange kein Indiz für Futterknappheit.
Der „Klassiker“ ist immer noch das gute alte Futterhäuschen. Ob Fachwerk, Schwedenhaus, Wohnwagen, Leuchtturm oder Chalet – das Angebot ist kreativ. Bei allen sollte aber die Grundfläche groß genug sein. Denn tummeln sich zu viele Interessenten auf kleinem Raum, wird Futter durch Kot schnell verschmutzt – und keiner fühlt sich verantwortlich… Auch sollte das Dach weit genug überstehen, damit nichts nass wird und schimmelt.
Futtersilos sind ideale Futterspender. Das nachrutschende Streufutter bleibt sauber und wenig wird vergeudet. Auch sind diese sicher vor Krähen, Tauben und Elstern. Damit auch scheuere Arten wie die Heckenbraunelle etwas abbekommen, kannst du das Vogelfutter auch direkt in Hecken hängen. Das hält Nachbars Katze fern und auch Tauben trauen sich nicht ins dichte Geäst. Im Prinzip ist auch die Bodenfütterung kein Problem, denn gerade Amsel, Rotkehlchen und mit etwas Glück auch die Goldammer picken herunter gefalle Körner oder Fettreste gern auf. Aber gerade hier gilt: in Maßen füttern. Und bringst du ein Brett oder Blech unter dem Vogelhaus an, hältst du Ungeziefer, damit auch Ratten, auf Abstand.
Apropos Abstand: Futterhäuser immer frei aufstellen mit möglichst hohem Abstand zum Boden, so dass Katzen nicht hinaufspringen können. Ein glattes Metall- oder auch Plastikrohr macht Mäusen das Erklettern unmöglich. Und mit einem grobmaschigen Netz über offene Futterstellen und um Futterhäuser verhinderst du, dass sich Krähen oder verwilderte Haustauben ungefragt breit machen. Denn gerade in Siedlungsgebieten ist deren vermehrte Anzahl nicht ganz unproblematisch.
Hast du stets ein Auge auf deine Gäste, dann musst du keine übertriebene Reinlichkeit an den Tag legen. Regelmäßig den Futterplatz ausfegen, von Schmutzresten befreien und wenn nötig mit heißem Wasser Silo oder Häuschen abspülen. Desinfektionsmittel sind meist nicht nötig. Dass Futterstellen verantwortlich seien für erhöhte Infektionen durch Krankheitserreger, haben zahlreiche Studien widerlegt.
Winterliches Kaffeekränzchen – Vogelfutter selbstgemacht
Hat Omas alte Kaffeetasse einen Riss, Flohbiss oder ist das Dekor nicht mehr so ganz der Hit, kein Problem: als Behältnis für selbstgemachtes Vogelfutter erlebt sie bei deinen Wintergästen ihr Revival. Fett lecker in Form gepresst, steht ganzjährig ganz oben auf dem Speiseplan. Die beliebten Futterglocken kannst du auch einfach selber machen. Dazu braucht es nicht viel. Hier ein Rezept:
Zutaten:
Rindertalg (wichtig: ungesalzen), möglich ist auch Kokosfett
Weizenkleie (etwa in gleicher Menge)
Sonnenblumenkerne, Sämereien, Haferflocken, Nüsse, Trockenobst (nach Belieben)
Das ungesalzene Rinderfett langsam im Topf verflüssigen. Nicht kochen! Fett vom Schwein ginge auch, wird aber schnell weich und ranzig. Anschließend die Weizenkleie einrühren und in kleineren Mengen Sonnenblumenkerne, Sämereien wie Hanf und Hirse sowie Haferflocken unterheben. Abwechslung kommt an den Futterplatz, wenn du etwas Erdnussbruch oder auch ein paar Rosinen spendierst. Am Ende sollte eine schön feste und zugleich formbare Masse entstehen. Mit einem Schuss Rapsöl verhinderst du, dass die Masse bei Minustemperaturen steinhart wird.
Jetzt kommt Omas Tasse wieder ins Spiel. Möglich sind auch ausrangierte Milch- und Kochtöpfe (in moderaten Größen, versteht sich). Die noch geschmeidige Masse in die Tasse füllen, Stöckchen als Sitzstange nicht vergessen, auskühlen lassen, Schnur an den Henkel und an einem stabilen Zweig frei und hoch genug aufhängen - fertig. Man wird es dir aus den Händen reißen. Denn die Erfahrung zeigt, dieses hervorragende Fettfutter kommt bei Körner- wie bei Weichfutterfressern gleichermaßen gut an.
Noch ein Tipp: Du kannst dein selbstgemachtes Vogelfutter auch in die Zwischenräume leerer Pinienzapfen streichen. Vor allem an immergrünen Ziersträuchern sehen diese weihnachtlich-dekorativ aus.
Baden erlaubt
Fehlt es bei Kahlfrösten an Schnee, müssen Vögel oft weite, kräftezehrende Flugreisen unternehmen, um an offene Wasserflächen zu gelangen. Um ihnen unnötige Strapazen zu ersparen, sollte immer auch eine Vogeltränke und Bademöglichkeit zur Verfügung stehen, möglichst in der Nähe der Futterstelle. Denn Gefiederpflege steht auch im Winter an. Und dass sich deine Gäste dabei einen Schnupfen holen, die Gefahr ist auszuschließen, da ihr Gefieder in höchstem Maße wasserabweisend ist. Aber auch hier gilt: der Badeplatz muss katzensicher sein. Gern werden auch Sandbäder angenommen. Vor allem bei Spatzen sind diese äußerst beliebt und werden schnell zur Massenveranstaltung.
Füttern im Sommer? – Macht das Sinn?
Im Winter heißt es für deine Vögel im Garten schlicht und einfach: Überleben. In der warmen Jahreszeit dagegen steht Schwerstarbeit ins Haus.
Viele Gartenvögel verbrauchen während der Sommermonate fast doppelt so viel Energie wie im Winterhalbjahr: Singen, Revier markieren, Rivalen fernhalten, Weibchen anlocken, wochenlange Brutpflege – das kostet Energie. Wenn dann das Nahrungsangebot noch knapp ist, kommen gestresste Vogeleltern schon mal an ihre Leistungsgrenze.
Nur im Winter zu füttern, ist dann oft zu wenig. Längst macht eine Ganzjahresfütterung Sinn, wie zahlreiche Beobachtungen ergeben haben. Mit Bäumen und Sträuchern bietest du deinen Vögeln im Garten sichere Nistmöglichkeiten. Ist dann auch die Nahrungsgrundlage gesichert, machst du vor allem den Altvögeln den hektischen Brutalltag etwas leichter. Und jede gerettete Brut ist schließlich auch ein kleiner Sieg für die Artenvielfalt.